Miss Bexter's royale Gedanken

Das Leben ist ein Kaiserschmarrn...

09 September 2006

Apfel-Abzocke auf'm Parkplatz

Vor einigen Tagen wollte ich mal wieder in unserem örtlichen Supermarkt einkaufen. Ich parkte mein royales Gefährt, öffnete die Tür um auszusteigen und wurde sofort von einer kindlichen Stimme monoton angesprochen: "Entschuldigen Sie, möchten Sie vielleicht einen Apfel kaufen?" Hä? - dachte ich, was is nu los??? Autoradio noch an? Wieder ein neuer Nerv-Radio-Werbespot? Aber nein. Ein geübter Blick über die linke Schulter eröffnete mir folgendes:
Wie aus dem Boden gewachsen stand ein kleines Schulmädchen vor mir. Zahnspange - Brustbeutel - gut gekleidet - deutschsprachig. Es hielt mir relativ untheatralisch zwei Äpfel entgegen (übrigens die einzige Geste, die es einstudiert hatte), und leierte ohne jegliche Mimik nochmals seinen Text runter: "Entschuldigen Sie, möchten Sie vielleicht einen Apfel kaufen?" Etwas verwirrt ob der direkten Ansprache schaute ich mich verstohlen nach etwaigen Erziehungsberechtigten oder einer versteckten Kamera um, entdeckte aber weder das eine noch das andere. Das Kind realisierte sofort
(und immernoch ohne emotionale Regungen) meine Unsicherheit und setzte gekonnt nach: " Nur 10 cent, selbstgepflückt und ungespritzt!" Wow - 10 cent! 10 cent fürs Sparschwein, das erste selbstverdiente Geld! "Respekt" -dachte ich mir. Ein Kind hat Wünsche und tut selbst was dafür. Es bettelt nicht, sondern bietet eine Gegenleistung. Sofort wurden Erinnerungen in mir wach; die harten Zeiten meiner Kindheit liefen vor meinem inneren Auge ab, und zwar die Phasen, in der Eltern auf Kinderwünsche immer mit dem Satz "Mal sehen..." antworten. Ich wollte damals ein Pony haben, meine beste Freundin C. auch. Da hieß es dann auch immer "Mal sehen..." Um unseren Eltern zu beweisen, dass wir es ernst meinten, haben wir selbst Geld verdient. Wir malten Steine bunt an, bastelten mit getrockneten Blumen kleine Kärtchen, die man an Sträuße hängen konnte, wir strickten Püppchen und Tiere und schrieben und illustrierten kleine Kinderbücher. Das alles verkauften wir mit selbstgebastelten Bauchläden im Ort und verdienten nicht schlecht damit. Wir haben sogar einen Circus organisiert, Kaffee und Kuchen verkauft und Sauerampfer und Kamille gesammelt und an den Mann (bzw. die Hausfrau) gebracht. Nach 2-3 Jahren hatten wir dann fast 1000 DM verdient. Ein Pony haben wir bis heute nicht. Aber trotzdem, es hat Spaß gemacht, es war ein Abenteuer und geschadet hat es uns auch nicht...

Zurück zu den Äpfeln: Natürlich habe ich, in nostalgischen Träumen schwelgend, dem Mädchen gleich 2 Äpfel abgekauft. Und natürlich auch für mehr als 20 cent. Es hüpfte fröhlich davon (die erste emotionale Regung), und ich hatte das beruhigende Gefühl, etwas Gutes getan zu haben. Hätte ich vorher gewußt, daß die Äpfel erst sauer und dann bitter schmecken und außerdem die Behausung einer Familie namens "Wurm" sind, hätte ich vielleicht den Preis runtergehandelt.

Und was lernen wir aus der Geschicht?
Kauf ungeprüfte Äpfel nicht!

1 Kommentare:

  • At 09 September, 2006 09:56, Anonymous Anonym said…

    Ich glaube dieser Blog-Eintrag ist die Langfassung des 60er-Jahre-Hits "Beiss nicht gleich in jeden Apfel, er könnte sauer sein" von Wenke Myhre ;-))

     

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